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Die Idiotenkiste

Den Titel dieses Beitrags habe ich mir von von der Fotografin Donna Stevens ausgeliehen, weil er so treffend ist. Donna Stevens hat Kinder beim Fernsehen fotografiert und ihr Projekt "Idiot Box" genannt. Wer die Bilder sieht, kann gleich erkennen warum.

In der ZEIT vom 28. Mai 2015 ab es einen Artikel über den Einfluss des Elternhauses auf die Schulleistung. Dass Kinder aus bildungsfernen Haushalten in der Schule von Kindern aus Akademikerfamilien abgehängt werden, wissen wir ja schon länger.

Was mich allerdings wirklich beschäftigt hat, ist die Sache mit dem Fernsehkonsum. Aus meiner Praxis kann ich berichten, dass es einen signifikanten Unterschied gibt zwischen den Kindern, die viel Zeit vor dem Bildschirm (auch Computer oder Handy) verbringen und denen, die andere Beschäftigungen für sich suchen. Dabei ist es egal, ob diese Kinder Migrationshintergrund haben oder nicht. Ich unterrichte Kinder mit Migrationshintergrund, die in der 4. Klasse einen größeren aktiven Wortschatz haben als deutsche Kinder in der 7. Klasse. Mein ganz subjektives Empfinden ist, dass die Zeit hinter dem Buch bzw. vor dem Fernseher den Unterschied ausmacht.

Diejenigen Kinder, die mit mir arbeiten und mir sagen, dass sie täglich mehrere Stunden Bildschirme vor der Nase haben, schneiden nach meiner Erfahrung wesentlich schlechter ab, was z.B. die Lese- und die Schreibkompetenz betrifft. Besonders wissenschaftlich ist diese Behauptung nicht, ich gebe es zu, aber sie unterstreicht das, was immer wieder Thema in den Medien und in pädagogischen Veröffentlichungen ist: Fernsehen ist der Killer Nr. 1, was das Lernen, die Entwicklung der Sprach-, Lese- und Schreibkompetenz und damit den Schulerfolg betrifft.

Hier kommen ein paar Empfehlungen für Eltern von jüngeren Kindern im Grundschulalter:

  • Beschränken Sie den Fernsehkonsum Ihres Kindes. Im Idealfall sitzt ein Grundschüler unter der Woche überhaupt nicht davor! Fernsehen gibt es nur am Wochenende. Bieten Sie Ihrem Kind Alternativen - Bibliotheksausweis her und ran an die Bücher! Ein Kind darf sich übrigens auch mal langweilen - das Suchen nach einer Beschäftigung ohne "Bespaßungsplan" der Eltern ist definitiv förderlich für viele Entwicklungsbereiche, nicht zuletzt für die Kreativität.

  • Leben Sie Ihrem Kind vor, dass das Fernsehen in Ihrem Familienleben nicht im Mittelpunkt steht. Schalten Sie den Fernseher aus, wenn Sie nicht davorsitzen. Beschränken Sie Ihren eigenen Konsum. Am besten aufgehoben ist die Glotze in einem Schrank, bei dem sich die Türen schließen lassen. Räumen Sie die Fernbedienungen weg. In den allermeisten Wohnzimmern wird allein schon durch die Ausrichtung der Couch der Fernseher zum Zentrum des Raums.

  • Lesen Sie alleine und - natürlich - auch ganz, ganz viel gemeinsam! Spielen Sie! Gehen Sie vor die Tür! Die Vorbildrolle der Eltern brauche ich nicht zu betonen (auch, was das Handy betrifft).

  • Kein Fernseher im Kinderzimmer. Punkt.

  • Verändern Sie die Dinge mit kleinen Schritten. Die Devise lautet nicht "Ab heute wird in diesem Haus nicht mehr ferngesehen!". Totalentzug macht den Bildschirm nur attraktiver. Hängen Sie die Fernseh-"Diät" nicht an die große Glocke, indem Sie verkünden: "So, heute bleibt der Kasten mal aus, wir machen einen Spielabend." Lange Gesichter sind sind Ihnen sicher. Kaufen oder leihen Sie sich ein attraktives Spiel und stellen Sie es ganz beiläufig auf den Tisch. Lassen Sie Ihr Kind ein bisschen daran "schnuppern" und kündigen Sie an, dass Sie das Spiel heute abend mal ausprobieren wollen: "Bist du dabei?"

  • Wenn Sie nach Sanktionen für Ihr Kind suchen, sollten Bildschirme außen vor gelassen werden. Wenn Sie Ihrem Kind zur Strafe ein Fernsehverbot aussprechen, gewichten Sie diese Geräte automatisch viel zu sehr. Finden Sie eine andere Möglichkeit. Dies kann natürlich nur funktionieren, wenn Sie schon ein wenig Fernsehdiät gemacht haben und der Stellenwert des TV-Geräts sowieso schon heruntergefahren wurde.

  • Verbinden Sie Ihr Handy oder Ihr Tablet mit der Stereoanlage (geht ganz leicht) und spielen Sie Ihre Lieblingsmusik über Spotify, Deezer oder einen anderen Streaming-Anbieter ab. Bei YouTube finden Sie Videos, die mit Entspannungsmusik mehrere Stunden lang laufen, z.B. hier. (Suchbegriffe: Music, study, concentration, learning, focus, relax,....)

  • Führen Sie ein Fernsehzeitkonto ein. Wie beim Taschengeld kann Ihr Kind sich die Fernsehzeit dann selber einteilen. Legen Sie eine Obergrenze pro Woche fest und machen Sie mit Ihrem Kind aus, dass es nicht länger als einen Spielfilm am Stück fernsehen wird. Halten Sie schriftlich fest, wieviel Zeit noch zur Verfügung steht. Wenn ein Grundschulkind am Wochenende 90 Minuten fernsehen darf, kann es auch jeweils am Samstag und am Sonntag 45 Minuten schauen - sich also die Zeit selber einteilen.

  • Diese Tipps gelten natürlich für die Mediennutzung allgemein. Für Jugendliche ist der größte Zeitfresser das Handy. Auch hier sollten Sie ganz klare Regeln absprechen, an die Sie sich selbst natürlich auch halten.

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